gewidmet den sog. Italienischen Militärinternierten (IMI) im Lager der SS-Hundestaffel am Bahnhof Biesenthal
Als wir den Ort des ehemaligen Zwangsarbeitslagers am Bahnhof zum ersten Mal bewusst betraten, um das Zeichen für die Erinnerungsstele zu entwerfen, waren wir erschüttert. Wir haben kein Leben mehr gespürt. Die Abrichtung der Hunde durch die SS für die KZs forderte unsere eigene Mitmenschlichkeit heraus. Wir haben uns gefragt, wie die jungen italienischen Militärinternierten das ertragen konnten. Und welche Kraft ihnen half, diese Zeit zu überstehen?
Die vor Ort blühenden Rosen halfen uns in diesem Moment, sich zurück zu erinnern an die Schönheit des Lebens. Und auch zu begreifen: Wir haben in jedem Augenblick die Chance uns neu für das Leben zu entscheiden.
Das wieder in Erinnerung rufen der Schönheit und Fülle des Lebens kann in den Momenten der Gefahr eine innere Überlebenshilfe bieten.
Für die Mitmenschlichkeit können wir uns jederzeit wieder öffnen.
Wir möchten an das Schicksal der italienischen Militärinternierten an diesem Ort erinnern und dieser Erinnerung einen würdigen und bestärkenden Ausdruck schenken. Deswegen gaben wir der Steinstele den Titel „Sich bewusst für das Leben und die Mitmenschlichkeit entscheiden“.
Impressionen aus dem LandArtCamp 2019 in Biesenthal
Historischer Ort: Industriegelände Biesenthaler Bahnhof
1943 – 1945 wurden italienische Militärinternierte in den Baracken der Wehrmacht am Bahnhof interniert. Für sie bestand dort bis 1945 ein mit Stacheldraht umspanntes Lager. Widerrechtlich waren sie zur Arbeit nach Deutschland deportiert und zur Zwangsarbeit gezwungen worden. Mit der Einstufung als sogenannte „italienische Militärinternierte“ (IMI) wurde ihnen der Status des völkerrechtlich geschützten Kriegsgefangenen (III. Genfer Abkommen 1929) entzogen. Sie wurden oftmals als „Verräter“ gebrandmarkt. Damit rückten sie in der „Hierarchie“ der Zwangsarbeiter in Bezug auf ihre Behandlung an unterste Stelle und wurden ähnlich schlecht behandelt wie Zwangsarbeiter*innen aus den osteuropäischen Ländern.
„Die Italiener arbeiteten in der „Papierfabrik Birke“, Bahnhofstr. (später: Mineralwasserfabrik) und auf der „Baumschule Lorberg“. Des weiteren waren Italiener auch bei den Bauern beschäftigt, so z.B. in Biesenthal bei W. Rücker in der Grünstraße, wo sie Pferde betreuten; aber auch auf dem Gut Beerbaum, wo ebenfalls Arbeitskräftemangel war, arbeiteten Italiener. Für die polnischen und italienischen Zwangsarbeiter waren katholische Gottesdienste möglich; in der Kirche jedoch zeitlich getrennt von den deutschen Gläubigen, so wünschte es die Polizeibehörde. Ansonsten fuhr der Pfarrer in’s Lager der Hundestaffel am Bahnhof zur Heiligen Messe für die dort gefangenen gehaltenen 30 Italiener. Als jedoch Fahrverbot wegen Kraftstoffmangel angesagt war, fielen die Gottesdienste in Beerbaum und der Hundestaffel aus.“
Gertrud Poppe: Biesenthaler Amtsblatt, Serie: „Biesenthal vor 50 Jahren“, 1995, S.20.
In den letzten Jahren versuchten auch die sogenannten „italienischen Militärinternierte“ (IMI) zu ihrem Recht zu kommen. Sie wurden nicht zu den Opfern der Zwangsarbeit gerechnet. So haben sie bisher keine Wiedergutmachung in Form persönlicher Entschädigungszahlungen durch die Deutsche Bundesregierung erhalten. Diese steht bis heute aus.
Geschichte des Industriegelände am Biesenthaler Bahnhof,
„1906 Gründung Steinwerke, 1919-25 Firma Rolandwerke Gmbh, 1933 Arbeitsdienstlager eingerichtet, 1934 SA-Sportschule,
1936 Übernahme durch die Wehrmacht / Infanterie-Ausbildung & Ausbildung der Luftnachrichtenkompanie 1/12 aus dem Nachrichtenregiment Potsdam-Neusedlitz, Einige werden im „Heidehof“, der Nachrichtenzentrale am Prendener Weg, stationiert und andere wechselten dann in den Neubau in die Wukuhlenberge über.
1941 – 1945 SS Hundestaffel am Bahnhof – „Hundeführerschule“
1943- 1945 Zwangsarbeitslager für italienische Militärinternierte am Bahnhof auf dem Gelände der SS-Hundestaffel
1945 Durchgangslager für deutsche Kriegsgefangene in der Zuständigkeit des NKWD
Ende 1945 militärisches Objekt der GUS-Truppen/ „Chemiekaserne“
26. April 1993 Sowjetischen Truppen verlassen den Ort
Quelle: Gertrud Poppe: Biesenthaler Amtsblatt, 1995, Serie „Biesenthal vor 50 Jahren“, S.20.
Standort der Steinstele:
Pendlerparkplatz am Bahnhof Biesenthal