gewidmet den tschechischen Zwangsarbeitern im Lager PAULA
Tschechische Schüler*innen der Freien Waldorfschule Semily haben gemeinsam mit deutschen Schüler*innen der Freien Naturschule Barnim dieses Symbol im Sommer 2019 gezeichnet und in Stein gehauen. Die Stele erinnert an das Schicksal der jungen Tschechen sowie auch an die Menschen aus dem KZ Außenlager im Hellmühler Weg, die im Lager PAULA Zwangsarbeit leisten mussten.
Vor Ort haben wir einen Rosenstock gepflanzt. Symbolisch steht er für unseren gemeinsamen Wunsch, dass wir die Chance für ein soziales solidarisches Miteinander neu ergreifen lernen.
„Im Prozess des Sich-Erinnerns an unsere Vergangenheit und des Bewusstwerdens einer möglichen Zukunft entstehen Freiräume für ein Sich-Begegnen-Können im Hier und Jetzt.“
Historischer Ort: Lager PAULA
PAULA – Polizeiausweichlager – Gebiet zwischen Prendener Weg und Lanker Chassee
Das gesamte Gelände links und rechtsseitig der Lanker Chaussee, beginnend am Hellmühler Weg, war einst jüdisches Eigentum und wurde in den 30er Jahren zwangsversteigert. 1942 war es dann Eigentum der Wehrmacht. Diese ließ durch die Organisation Todt in Biesenthal 2 Barackenlager errichten: PAULA und am Heideberg. Berliner Behörden hatten wegen der verstärkten Bombardierung Berlins, Dienststellen u.a. nach Biesenthal verlegt. Im Gebiet PAULA wurden von tschechischen Zwangsarbeitern 21 Baracken und 36 kleine Holzhäuser für Offiziere und ihre Familien bereits seit Oktober 1943 als Ausweichunterkünfte für Sonderstäbe der Obersten Reichsbehörden errichtet. Einige Behelfsheime aus Stein entstanden in der Nähe für die Angestellten der PAULA. In zwei dieser Baracken wohnte die SS-Wachmannschaft des KZ Außenlagers Sachsenhausen im Lager PAULA.
Quelle: nach Gertrud Poppe: PAULA – Polizei Ausweich Lager, Heimatgeschichtlicher Beitrag & Brief 2006
Ein Zeitzeugenbericht von Viktor N. aus Prag, Jahrgang 1920
„Am zweiten Tag brachte man uns nach Biesenthal bei Berlin, ca. 50-60 Schüler von Gewerbeschulen aus Prag und Brünn. Die Übrigen blieben in Berlin. Man lud uns hinter Biesenthal ab, in einer mit Latschenkiefern und niedrigen Bäumen bewachsenen Gegend. Dort gab es keine Wohngebäude – nur ein oder zwei lange Holzbaracken.
Das Essen bekamen wir in Waschschüsseln (gekochte Bohnen) für mehrere Jungen zusammen. Wer sein eigenes Besteck hatte, hatte Glück, dass er ein bisschen was essen konnte. Die anderen aßen, was übrigblieb, mit geliehenem Besteck (Löffeln).
Für die Nacht gab man uns irgendwelche Säcke, die wir mit Stroh ausstopften und auf denen wir schliefen, in der einen Baracke, auf der Erde, einer neben dem anderen.
Das Essen – Eintopf – bekamen wir aus einer Feldküche (wahrscheinlich wurde es antransportiert), ungeschälte Kartoffeln (das machte nichts). Doch wenn es Fisch gab, dann ebenfalls mit Schuppen. Größtenteils gab es jedoch Eintopf. Später bekamen wir Essschüsseln. Wir aßen draußen und wuschen uns auch draußen an einer handbetriebenen Pumpe. Das WC – eine Latrine.
Morgens und abends war Appell – sie zählten uns. Ich weiß nicht mehr, ob es Angehörige der Wehrmacht oder der Polizei waren. Dies erfolgte während der gesamten Zeit unseres Aufenthalts. Gleich nach der Ankunft verrichteten wir Geländearbeiten und montierten weitere Baracken aus Holzplatten, was nicht leicht war.
Nach und nach verbesserten wir unsere Schlafbedingungen, indem wir aus Material, welches wir irgendwie aufgetrieben hatten, irgendwelche „Pritschen“ zusammenzimmerten.
So ca. Ende September 43 fuhr man uns mit einem Lastauto nach Berlin, um von den Straßen die Trümmer von den Luftangriffen zu beseitigen. Das war schrecklich. An allen Seiten brannte es und jeden Moment explodierten zwischen den brennenden Häusern Bomben. Abends brachte man uns zurück nach Biesenthal und wir entkamen nur knapp den Bombenangriffen, die in dieser Zeit sehr intensiv waren. Wir erlebten jedoch auch einige Angriffe auf unser „Lager“ in Biesenthal, bei denen einige Baracken abbrannten.“
Quelle: Archiv Deutsch-Tschechischer Zukunftsfond
Die folgenden Fotos stammen vom Zeitzeugen Herr Josef K., eingesetzt bei der Technischen Nothilfe in Biesenthal von August 1943 bis Juni 1944. Er hat keine Entlohnung bekommen, nur Taschengeld: 1RM und 3 Zigaretten pro Tag. Er fotografierte die Arbeit der tschechischen Zwangsarbeiter mit seiner Kamera. Erst nach seiner Rückkehr nach Tschechien ist ihm klargeworden, wie gefährlich diese Aufnahmen für ihn hätten werden können.
Barackenlager PAULA – Behelsfheimbau in der Prendener Str.
„Bereits im Oktober 1943 wurde in dem von Himmler aufgestellten „Verzeichnis der Ausweichunterkünfte der Sonderstäbe der Obersten Reichsbehörden“ der Standort „Biesenthaler Barackenlager“ als Ausweichsunterkunft für den „Reichführer-SS und Chef d. Dtsch.Pol.Chef der Sicherheitspolizei“ genannt. […] Als Chef des Stabes beim Kommando der Schutzpolizei Berlin war SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Walter Abraham Vorgesetzter der Polizeischule Biesenthal.“
Quelle: Wolfgang Benz/Barbara Diestel (2006), Der Ort des Terrors (Bd.3), München, S. 134-135.
Standort der Steinstele:
Prendener Weg/ Uhlandstraße